Ursachen:
Rupturen des vorderen Kreuzbandes entstehen häufig beim Skifahren, Fußball, Handball, Motocross und Ringen durch eine Vorwärtsbewegung am feststehenden Fuß vorbei, wobei der Unterschenkel nach außen verdreht wird und das Kniegelenk nach innen wegknickt. Begleitend kommt es häufig zu Verletzungen des Innenbandes sowie der hinteren Anteile des Außenmeniskus. In der Folge schwillt das Gelenk häufig an, ein subjektives Instabilitätsgefühl kann häufig lange Zeit ausbleiben.
Diagnose:
Die Diagnose kann meistens durch die körperliche Untersuchung und Ausmessung der Kreuzbandstabilität im Seitenvergleich (mittels Rolimeter) gestellt werden. Häufig erfolgt dennoch eine Kernspintomografie, um Begleitverletzungen wie Knorpelstauchungen, Innenbandriß oder Meniskusschäden auszuschließen.
Therapie:
Zunächst sollten über einen Zeitraum von 4-6 Wochen Physiotherapie und abschwellende Maßnahmen erfolgen. In den ersten Wochen nach dem Unfall besteht ein erhöhtes Risiko für eine Gelenksteife (Arthrofibrose) nach einem operativen Eingriff. Zum Operationszeitpunkt sollte das Gelenk reizlos und frei beweglich sein. Somit bestehen die besten Voraussetzungen für eine problem- und schmerzlose Nachbehandlung und ein gutes Behandlungsergebnis.
Operation:
Die Kreuzbandoperation erfolgt in vollarthroskopischer Technik, d.h. es erfolgt keine größere Eröffnung des Gelenkes. Der Eingriff dauert ca. 35 Minuten, der stationäre Aufenthalt ca. 3 Tage. Nach der diagnostischen Gelenkspiegelung werden zunächst über einen ca. 2cm langen Hautschnitt am inneren Schienbeinkopf zwei Sehnen (Semitendinosus- und Gracilissehne) getunnelt entnommen und anschließend jeweils doppelt gelegt zu einem 6-fach-Transplantat fest vernäht. Dieses Transplantat weist üblicherweise einen Durchmesser von 7,5-9,5mm auf und hat eine doppelt so hohe Reißfestigkeit wie das natürliche Kreuzband.
Diese Sehnen können problemlos entbehrt werden. Lediglich beim hohen Zehenspitzenstand ist eine Kraftminderung um 5% zu verzeichnen. Allerdings bilden sich diese Sehnen üblicherweise – wenn auch in etwas schwächerer Ausprägung – wieder nach.
Über zwei 5mm lange Hautschnitte werden das Arthroskop (Optikeinheit mit Kamera) sowie Arbeitsinstrumente in das Gelenk eingeführt. Die gerissenen Fasern des Kreuzbandes werden entfernt und Begleitverletzungen (Meniskusriß, Knorpelschäden) ebenfalls behandelt. Unter arthroskopischer Kontrolle wird jeweils ein Bohrkanal im Oberschenkelknochen und Schienbeinkopf angelegt, welcher jeweils an der Stelle ins Gelenk mündet, wo das ursprüngliche Kreuzband ansetzte und den Durchmesser des neuen Kreuzbandtransplantates aufweist. Diese Kanäle werden nicht mit einem herkömmlichen Bohrer angelegt, sonder es werden mit einer diamantbesetzten Hohlfräse jeweils komplette Knochenzylinder entnommen, welche am Ende der Operation wieder eingesetzt werden können. In diese Kanäle wird anschließend das Kreuzbandtransplantat eingezogen und am Oberschenkelknochen mit einem winzigen Titan-Flipbutton und am Schienbeinkopf mit einer Titan-Pollerschraube fixiert, an welchen das Transplantat mittels hochreißfester Fäden aufgehangen wird. Zusätzlich zum Kreuzbandtransplantat werden nun wieder die Knochenzylinder in die Knochenkanäle eingebracht und verpresst, sodass einerseits die Primärstabilität zusätzlich erhöht und der Knochenverlust minimiert werden. Ohne Fremdmaterialen im Bereich der Knochenkanäle und des Transplantates kann die Transplantateinheilung maximal gefördert werden. Somit entsteht eine belastungsstabile Fixation des Kreuzband-Transplantates, was wiederum eine zügige Nachbehandlung gewährleistet.
Rehabilitation:
Die Nachbehandlung richtet sich u.a. auch nach eventuell gleichzeitig versorgten Begleitverletzungen (z.B. Meniskusnaht). Üblicherweise können die Gehstützen nach 2-3 Wochen abtrainiert werden. Die Arbeitsunfähigkeit dauert bei Bürotätigkeit ca. 3-4 Wochen, bei ganztägig stehender Tätigkeit ca. 6 Wochen an. Eine Aktiv-Bewegungsschiene wird dem Patienten nach Hause geliefert. Mit Physiotherapie wird direkt nach dem Eingriff, mit Fahrradfahren, Schwimmen und Inlineskaten nach der 4.-6. Woche begonnen, mit Laufsport nach der 12. Woche. Die vollständige Sportfähigkeit ist je nach Muskelaufbau und Koordination nach 6-9 Monaten wieder erreicht. Eine Orthese (Knie-Schiene) muss nur nach zusätzlicher Meniskusnaht getragen werden.
Return-to-play-Test:
Das Risiko, sich nach einer Kreuzbandoperation das Kreuzband erneut zu reißen beträgt ca. 10%. Bei Risikosportarten (Fußball, handball, Skifahren, Kampfsport) beträgt das Risiko für unter 23jährige Patienten sogar bis zu 30%.
Aus diesem Grund haben wir gemeinsam mit einigen Physiotherapeuten aus der Region den "Return-to-play-Test" entwickelt. Mittels dieses Tests wird ca. 6-8 Monate nach der Kreuzbandoperation geprüft, wie gut die Muskulatur am operierten Bein im Seitenvergleich wieder auftrainiert ist. Hierbei werden Maximalkraft, Kraftausdauer und Koordination getestet. Nur wenn die Muskulatur wieder ausreichend auftrainiert ist, kann ohne wesentlich erhöhtes Risiko das Training bzw. der Wettkampfsport wieder aufgenommen werden.
Seit Einführung dieses Tests beträgt die Re-Ruptur-Rate unserer Kreuzband-Operationen unter 3% und ist damit signifikant geringer als bislang in der Literatur beschrieben. Aktuell läuft zu diesem Themenkomplex eine Masterarbeit an der Universität Konstanz.
Präpariertes Kreuzbandtransplantat aus der Semitendinosus- und Gracilissehne
Verpresster Knochenzylinder mit Kreuzbandtransplantat am Oberschenkelknochen
Vordere Kreuzbandersatzplastik im arthroskopischen Bild
Seitliches Röntgenbild:
Gut erkennbar sind die Titan-Fixationsmaterialien und die verpressten Knochenzylinder
©Dr. med. Richard Volz. Alle Rechte vorbehalten.
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